Sonntag, 30. Dezember 2018
Damals
Ich erinnere mich gerade an meine Zeit als Obdachloser.
Damals streifte ich öfter am Rand von Autobahnen entlang um totgefahrene Tiere zu finden und diese durch Verzehr weiterzuverwerten und einem nützlichen Nutzen zuzuführen.
Das Fleisch schälte ich mit einem Skalpell von den Knochen, entfernte etwaige Fellreste und mir verdächtig erscheinende Weichteile des Tieres.
Die Maden pulte ich mit den Fingern einzeln raus und schmiss sie weg.
Ich hätte sie auch gerne gegessen, waren sie doch gute Eiweißträger, aber irgendwo hatte ich aufgeschnappt, dass Maden und Würmer im Fleisch nicht zum Verzehr geeignet sind, anders als die, die man in Ackerböden finden konnte.
War also nix.

Jetzt musste ich das Fleisch nur noch lange genug Grillen und die Gefahr jedweder Ansteckung war gebannt.
Ich fing mir also ein paar dieser zirpenden Gesellen und legte mein Fleisch drauf.
Während ich wartete, beobachtete ich fasziniert die schillernde und mit der verstreichenden Zeit wechselnde Oszillation an verschiedenen Fleischstücken.
Alle Regenbogenfarben, aber überwiegend dunklere, immer glänzende Oberflächen waren zu bestaunen.
Als es mir reichte, weiter sinnlos auf mein Essen zu starren, wo eh nichts passierte, keine Ahnung, warum das Grillen nicht klappte, aß ich das Aas roh.

Natürlich bekam ich eine schwere Lebensmittelvergiftung und wachte Tage später im Krankenhaus auf.
Mein ganzer Körper schmerzte, aber wer Schmerzen spürte, lebte.
Selbst wenn er nicht wusste wofür, er lebte.
Insofern ein positives Zeichen.
Für Irgendwen.

Ich machte das zur damaligen Zeit immer wieder mal so.
Entweder es ging gut und ich war weiter auf der Walz, oder ich landete im Krankenhaus und hatte Vollverpflegung und ein Dach über dem Kopf.
Nach jeder Entlassung schlich ich mich zur Entsorgungsstation und besorgte mir ein paar neue gebrauchte Skalpelle.
Man musste sich zu helfen wissen.

Irgendwie eine schöne und sorgenfreie Zeit.
Damals.

Nur so am Rande will ich erwähnen, wie sehr sich mein Hund übers Vorlesen der Story gefreut hat.
Das tut er sonst nicht.
*mitfreu*

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